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Mehrwertsteuer Senkung 2020 Apotheken

Mehrwertsteuer-Senkung bei Online-Apotheken. 20% weiße Schafe, aber…

Wir hatten bereits angekündigt, dass wir im Bereich der Versandapotheken und Online-Apotheken die Mehrwertsteuer-Senkung von 19% auf 16% auswerten werden.

Ob die Bundesregierung Ihr Ziel erreicht hat, wird sehr deutlich – das Ergebnis ist beeindruckend.


Mehrwertsteuersenkung 2020 Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte im Rahmen der Corona-Krise beschlossen, die Mehrwertsteuer zu senken, um „den Konsum zu stärken und der Konjunktur in der Corona-Krise einen Schub zu geben“ (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/faq-mehrwertsteuersenkung-1764364).

Auf der gleichen Website der Bundesregierung steht, dass es das Ziel und der Wunsch der Bundesregierung ist, dass diese Preissenkung an den Endverbraucher weitergegeben werden soll. Es gibt aber logischerweise keine Verpflichtung dieses zu tun.

Wir waren also neugierig, ob und inwieweit die Unternehmen die Steuersenkung an die Endverbraucher weitergegeben haben.

Was macht Prosoom

Prosoom crawlt den gesamten Online-Versandapotheken und Online-Apotheken-Markt mit über 600 Apotheken nach Preisen, Verfügbarkeiten, Lieferzeiten etc. – auf Produkt-/PZN-Ebene. So kommen täglich Millionen von Datenpunkten zusammen.

Diese Daten werden mit Hilfe von KI bereinigt und harmonisiert.

  • Händler/Apotheker können hierüber Ihr Pricing steuern und Wettbewerber beobachten,
  • Endverbraucher können darüber den Händler Ihrer Wahl suchen (prosoom.com).
  • Und Berater und Marktanalysten erhalten somit einen Zugriff auf Marktentwicklungen und Trends.

Wir haben im Juni und Juli Preise erhoben und die mehreren Millionen Daten gegenübergestellt. Dabei gab es natürlich ein paar Dinge zu beachten. Die Kriterien finden Sie wieder unten*.

Natürlich gibt es immer wieder normale Preisveränderungen – auch in der Zeit einer Mehrwertsteuerveränderung. Auch wenn erkennbar war, dass bei preissensitiven/preisvolatilen Produkten die Marktteilnehmer unterschiedlich mit der Weitergabe der Mehrwertsteuer umgegangen sind, ist zu erwarten- und mittlerweile zu beobachten – , dass sich der Preis bereinigt (auf Basis der neuen Mehrwertsteuer). Diese stark volatilen Produkte haben wir daher herausgefiltert.

Übrig bleibt eine Marktveränderung, die deutlich ist.

Preisveränderung Mehrwertsteuersenkung Marktauswertung Analyse
Gezeigt wird:
x-Achse = Anzahl der Shops im Online-Apothekenmarkt;
y-Achse = Alle Preise vor dem 1.7. wurden mit dem neuen Mehrwertsteuersatz bewertet. Diese theoretische Messgröße wurde dem realen Preis gegenübergestellt – und daraus die prozentuale Abweichung errechnet.

Wir interpretieren die Zahlen wie folgt:

20% erfüllen die gewünschte Preissenkung

13,8% der Online-Apotheken haben die Preise, wie von der Bundesregierung gewünscht, gesenkt. Sie befinden sich im Korridor von -0,5% bis +0,5% um den errechneten Preis, basierend auf der neuen Mehrwertsteuer von 16%. Kleinere Abweichungen kamen durch Nachkomma-Effekte, Preisbereinigungen bei Preisschwellen etc zustande.

6,3% der Online-Apotheken sind noch darüber hinaus gegangen. Hier konnten wir weitere Preissenkungen erkennen – auch bei Produkten, die bisher stabil eingestellt waren. Die Gründe hierfür können mannigfaltig sein:

  • ein Neuimport aller Preise (keine Schnittstelle), so dass bisher im Shop alte Preise angezeigt wurden und nun neu importiert wurde.
  • Die Senkung der Mehrwertsteuer wurde zur Überarbeitung der Verkaufspreise genutzt.
  • Wir konnten aber auch beobachten, dass einzelne Händler die Preisschwellen nach unten anpassten.

Ergo haben 20% die gewünschte Preissenkung der Bundesregierung erfüllt oder übererfüllt.

20% senken die Preise nicht – und erhöhen Sie gar

Am anderen Ende der Skala war zu erkennen, dass bei 21,3% der Online-Apotheken die Preisstellung „+2,51% und mehr“ nach oben im Vergleich zum errechneten Preis mit der neuen Mehrwertsteuer abwich. D.h. die Senkung der Mehrwertsteuer wurde nicht weitergegeben oder die Veränderung dazu genutzt, die Preise anzuheben, z.T. über den Preis mit der alten Mehrwertsteuer hinaus.

keine Preissenkung durch die Mehrwertsteuer
Das gleiche „Bild“ wie vor der Mehrwertsteuersenkung.
Die Kunden von Apons erfuhren keine Vorteile durch die Senkung der Mehrwertsteuer. Alter Preis = Neuer Preis. Einer von 8,8% des Marktes.

Bemerkenswert: Bei 8,8% der Shops war genau eine Durchschnittsdifferenz von +3% über alle Produkte zu erkennen. Also alter Preis = neuer Preis.

Die Gründe für Shops, die sich in der letzten Kategorie befinden (genau 3%), können auch hier mannigfaltig sein:

  • Keine Schnittstelle zwischen dem ERP/der Warenwirtschaft und dem Shop
  • ein „ungepflegter“ Shop
  • Brutto-Preisstellung ist im Shop hinterlegt
  • Aber natürlich auch der Wunsch, die nicht weitergegebene Mehrwertsteuersenkung als Margenerhöhung zu nutzen

Mitnahmeeffekte bei 60%

Der Großteil der Apotheken (58,8%) befindet sich im Feld einer durchschnittlichen Preiserhöhung von 0,5% bis 2,5%. Technische Probleme wie eine fehlende Anbindung zwischen Warenwirtschaft und Shop sind hier sicherlich weniger zu erwarten. Wir konnten aber deutlich zwei Effekte beobachten:

  • Senkung auf 16% Mehrwertsteuer und anschließende Anhebung der Preise auf Preisschwellen
  • Und sehr viele Shops haben die Mehrwertsteuer bei einigen Produkten gesenkt. Bei anderen hingegen nicht. Deutlich zu erkennen an Preisdifferenzen von 0% und 3%, aber nichts/wenig dazwischen.

Abhängig vom Mix (Senkung vs. Nichtsenkung) fielen die Mitnahmeeffekte geringer oder größer aus.

Fazit: es gibt viel zu tun.

Es ist aber zu erkennen, dass:

  • bei 80% der Unternehmen die Senkung der Mehrwertsteuer zur Anpassung der Verkaufspreise „nach oben“ genutzt wurde.
  • bei vielen Unternehmen die Preisanpassung willkürlich/unstrukturiert/gar nicht vorgenommen wurden. Eine pauschale Anpassung aller Preise auf Preisschwellen „nach oben“ kann nicht funktionieren, wenn der Marktpreis sich anders entwickelt. Auch eine Differenzierung nach dem Prinzip 0%/3% ist häufig „am Markt vorbei“.
    Eine Marktpreistransparenz und ein daraus abgeleitetes eigenes Preismodell wären sicherlich für viele Unternehmen hilfreich. Hier können wir von Prosoom sicherlich helfen. Einige Apothekenberater setzen ebenfalls mittlerweile auf die Preise von Prosoom.
  • Shop-Hersteller sicherlich noch etwas Arbeit oder Potential vor sich haben. Gerade bei einer fehlenden Anbindung von Warenwirtschaft/ERP und Shop, aber auch bei einer Brutto-Preisstellung. Unsere Auswertung können wir natürlich auch nach Shop-System vornehmen.

Spannend wird auch die folgende Zeit: wer schnell auf die neue Marktpreisstruktur reagiert – oder verschläft.

Bei Rückfragen können Sie sich gerne an uns wenden: marco.leithner@prosoom.com


*Systematik und Herangehensweise

  • Produktauswahl:
    • Wir haben für die Auswertung nur Produkte/PZN mit einer Mehrwertsteuersenkung von 19% auf 16% genommen.
    • Wir haben Produkte mit einer kontinuierlichen starken Preisveränderung herausgenommen. Wir wollten damit vermeiden, dass „natürliche“ Marktpreisveränderungen einen Einfluss auf die Betrachtung haben.
  • Zeiträume:
    Um kleinere Einmaleffekte auszugleichen haben wir im Juni und Juli je Online-Versandapotheke bzw. Online-Apotheke Preise je Produkt/PZN über Zeiträume erhoben. Hierzu haben wir die 14 Tage vor der Mehrwertsteuerveränderung und den 14 Tagen nach der Mehrwertsteuerveränderung gegenüber gestellt.
  • Mathematisches Modell:
    Wir haben die ermittelten Preise in den jeweiligen Zeiträumen je Produkt/PZN arithmetisch gemittelt (Durchschnittspreis). Auf Basis der Preise vor der Mehrwertsteuersenkung haben wir den potentiellen Preis nach Mehrwertsteuersenkung errechnet und dem hinterher real eingestellten Preis gegenüber gestellt. Die Abweichung in % haben wir dann ebenfalls je Shop arithmetisch gemittelt. Eine Gewichtung haben wir nicht vorgenommen. Daher ist nicht genau zu bewerten, wie stark die Effekte sich auf den Endkunden durchschlagen

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